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ART
ATELIER
SABINE HEMMING
AUSSTELLUNGEN / PROJEKTE
TEXTE / LAUDATIO
ART
struktur, bewegung, zeit- die bilder und skulpturen von sabine hemming haben einen motor, der bei ihrem anblick zu jeder zeit spürbar wird. die dynamik, die sich in diesen bildern entfaltet, kommt nicht von ungefähr. immer sucht sabine hemming situationen und orte auf, die durch sichtbare veränderung geprägt sind. ihre bilder entstehen aus prozessen und spiegeln solche wieder: eindrücke von vorbeigleitenden landschaften, fahrwerkspuren von flugzeugen auf dem rollfeld, gedankenstränge und gedankensprünge. es bleibt ein bild, eine spur. die kunst vermittelt eine perspektive auf das, was reales erleben kaum greifbar zu machen vermag. begegnungen mit menschen und tieren als erlebnisorte, sich bewegende und verändernde natur, der see, der wind, grafische strukturen als kommunikationslinien und umgekehrt.
text: dr. claudia Barmer

ATELIER
das atelier bananenfarbfisch von sabine hemming ist ein großer, lichtdurchfluteter raum im nordflügel des neuwerks in konstanz am bodensee, im südlichsten teil deutschlands. das gebäude gehörte zu den ehemaligen, hier ansässigen spinnerei- und tuchfabriken und hat sich in vielen teilen diesen farbikhallencharme oder loftcharakter erhalten. um dieses flair zu unterstützen werden die räume hier schlicht bodegas genannt. sabine hemming ist in einer solchen rund 80 qm großen bodega seit 2013. hier lässt es sich gut arbeiten: es entstehen teils sehr großformatige, aber auch kleine bilder und gemäldeserien, sowie skulpturen und wandobjekte aus verschiedenen materialien, wie keramik, metall, alt- oder treibholz, welches die künstlerin am ufer des bodensees sammelt.

SABINE HEMMING
in münchen geboren 1974, abitur in stuttgart, ausbildung zur keramikerin keramikstudio iljinski und der schule farbe und gestaltung stuttgart-feuerbach, abschluß 1995. studium an der freien kunstschule stuttgart bei den dozenten neisser, heger und kilian , studium an der staatlichen akademie der bildenden künste stuttgart bei den professoren baumgartel und güdemann, abschluß 2001. lehrtätigkeit an der waldorfschule stuttgart. seit 2001 freischaffend künstlerisch tätig im eigenen atelier. seit 2009 dauerhaft wohnhaft am bodensee, mit atelier im neuwerk konstanz seit 2013.
zahlreiche gruppen- und einzelausstellungen im in- und ausland sowie teilnahmen an künstler-und fachmessen wie z.b in stuttgart, konstanz, basel, künstlermesse im schloß schwetzingen und in hamburg, in dubai UEA auf der expo, in stuttgart auf der retro classic, in friedrichshafen auf der klassikwelt bodensee, auf der ART zürich und auf der expo milano. vertreten durch galerie schill in stuttgart, projekte mit galerie lachenmann ART konstanz und galerie passepartout mailand.
inspiriert durch streifzüge am heimatlichen bodensee, sowie studienreisen auf die hawaiiianischen Inseln, amerika, karibik und afrika, erhält die künstlerische arbeit von sabine hemming immer wieder spannende und neue impulse.

AUSSTELLUNGEN / PROJEKTE (auswahl letzte jahre)
2023 präsentation in der VOGUE uk
ich freue mich sehr die ehre zu haben von der britischen vogue angefragt worden zu sein für eine teilnahme in der "vogue´s gallery campaign" und in den drei ausgaben september 2023, oktober 2023 und november 2023 in den printausgaben des top magazins, als auch in den" digital versions" mit verschiedenen werken meiner gemäldeserie "GREEN EYES" vorgestellt zu werden.
es startet mit der sonderausgabe september, herausgegeben am 22. august, der vogue mit dem "limited edition cover" der vier topmodels der 90 ziger jahre.
präsentiert wird hier das gemälde "GREEN EYES smaragd" 100x100 mixedmedia auf leinwand.
2023 ARTe konstanz, bodenseeforum konstanz

2023 pop up gallery zollernstrasse konstanz & dîner en blanc
hinter mir liegen arbeitsreiche wochen und ich freue mich euch zu meinem aktuellen projekt in der zollernstrasse konstanz einzuladen:
hier werden ab montag den 19.06.2023 die schaufenster von kunstschaffenden in zusammenarbeit mit den geschäften in WEISS gestaltet.
ich nehme mit dem schaufenster von goldschmiede blauhut teil. mein thema ist: "imagine le ldc en blanc" malerei - skulptur fische aus treibholz vom bodensee.
"imagine le lac en blanc" - wir sind am seeufer bei meiner serie zum licht, zur natur am bodenseeufer und zum wasser. für das projekt in konstanz, die gestaltung eines schaufensters, war die wahl des künstlerischen themas naheliegend. da wir als team, die goldschmiede blauhut und ich als künstlerin ein luftiges schaufenster gestalten wollten, bei dem es möglich ist auch in den verkaufsraum zu sehen, war schnell klar, dass es keine traditionellen leinwände als träger für die weißen malereien geben wird. es sollte eine verbindung durch blicke zwischen strasse und besucher über das gestaltete schaufenster mit der goldschmiede sein und umgekehrt.
malerei auf freie formen ist eine idee, der ich schon lange nachhänge und jetzt die gelegenheit hatte dies zu realisieren. so entstanden die drei formelemente mit zusätzlichen cutouts, die an wasserpflanzen erinnern, mit sanften ton in ton abstufungen zum thema "weiß".
die fische aus treibholz sind eine werkreihe, die ich seit 2008 mit großer leidenschaft bearbeite, da sie für mich nicht nur ein symbol für meine wahlheimat, sondern auch ein pendant zum namen meines ateliers, atelier bananenfabfisch, sind. die idee dazu ist entstanden durch die teilnahme an einer ausstellungsreihe im palmenhaus konstanz mit "zeitkunst" in diesen jahren um 2008. als ich am strand auf der insel reichenau spazieren ging und über mögliche exponate zu besagter ausstellungsreihe nachdachte, stellte ich fest, dass die umherliegenden treibhölzer allesamt wie fische aussahen. man musste nur einige details verstärken und als malerin durchaus ein wenig in farbe fassen und herausholen, was bereits in den hölzern schlummerte. seither arbeite ich immer wieder an neuen fischen aus treibholz vom bodensee in verschiedenen größen.
als abschluss findet am samstag den 24.06.2023 das dîner en blanc statt, eine weiße tafel entlang der zollernstrasse. ab 18:00 Uhr, mit einer kleinigkeit zu essen oder zu trinken, eventuell benötigtes geschirr und besteck mitbringen. dresscode: "WEISS". es bedarf keiner anmeldung
unseren pop up gallery weißwein gibt es bei free willy und bei dolce vita in der zollernstrasse. ihr unterstützt damit das kulturprojekt.
@popupgallery_zollernstrasse / werbung und interessengemeinschaft zollernstrasse ev / kulturamt konstanz / stadt konstanz / stiftung landesbank badenwürttemberg
2022 einzelausstellung "zwischen bäumen und see" bezirkssparkasse insel reichenau
"struktur, bewegung, zeit- worte, die für die künstlerische arbeit von sabine hemming bezeichnend sind. der see, die uferlinie, die bäume und das licht sind die spielfelder der ausstellung für ihre werke zwischen abstraktion und wirklichkeit".
begrüßung alexander bertram, vorstand bezirkssparkasse insel reichenau
musikalische laudatio, vocals & guitar benedikt blum, "simple twist of fate" bob dylan, "green eyes" coldplay

umweht von brisen frischer seeluft, den geräuschen von wellen, schilf und wasservögeln und den grün- blau und gelb-grau farbtönen, bin ich tief in gedanken über farben- und formenspiele. das seeufer ist einer meiner "kraftorte". hier gibt es keine störende ablenkung und keinen medialen und digitalen "krach".
mein künstlerisches thema ist die veränderung, die zeit und der blickwinkel und dies im zweifachen sinne: in meiner spräche der formen und farben, angelehnt an die reale umgebung,also an dinge und orte, die als symbole in meinen arbeiten auftauchen und außerdem als beschreibung der sich rasant verändernden strukturen unserer zeit.
der ausstellungstitel gibt eine idee auf das was die bilder zu erzählen haben. es geht nicht um eine naturnahahmung sondern, viel mehr um die essenz, die reduktion auf das wesentliche, welches hinter den sichtbaren eindrücken liegt, zwischen den bäumen und dem see. bewegungen, tanzende lichtpunkte und grüntöne, satte farbige formen und zarte verbindungen, wie verzweigtes astwerk oder sich wandelnde linien der wellen.
die bilder sprechen ihre eigene spräche, vielleicht über beziehungen, über zusammenhänge, über das allein- und isolierten, über lärm und stille, über neuanfang undlebensfreude. (sabine hemming)
2021 offene türen im neuwerk konstanz
atelier bananenfarbfisch lädt sie im rahmen der "offenen türen" ein: erleben sie arbeitsprozesse und kunstwerke persönlich. ab 18:00 Uhr: "arbeitsprozesse im kunstatelier, von der idee zum bild", 19:00 Uhr: "keilrahmen zusammenbauen, leinwand aufspannen und grundieren", 20:30 Uhr: "ölfarbe, acrylfarbe, mixedmedia"
nächster termin "offene türen im neuwerk" 21. oktober 2023

2020 einzelausstellung "horizonte"
im gewölbekeller konstanz
"...horizonte zeigt aktuelle arbeiten der künstlerin, die durch die "coronakriese" eine dimension und brisanz gewinnen, die völlig unabsehbar war. grenzen entstanden, horizonte verschoben sich in einem ausmaß, welches zuvor völlig außerhalb der vorstellungskraft lag".
"auf vielen arbeiten von sabine hemming bietet sich mehr als nur eine grenz-oder orientierungslinie: mehrere horizontal angelegte... linien durchziehen die bildfläche. die auflösung des gegebenen horizonts entspricht der aufforderung nach einer suche des eigenen horizonts".
aus text zur ausstellung von dr. c. bahmer, kunsthistorikerin
"konstanz, mit der besonderheit eine grenzstadt zu sein und am see zu liegen hat viele definierte und undefiniert grenzen: staatsgrenzen, EU außengrenze und doch mitten in europa, seegrenze, uferzone, ortsgrenzen, straßennetze, grenzen in unseren köpfen und untereinander..."
aus text zur Ausstellung von f. dammert, historikerin, stadtführerin konstanz/kreuzlingen

2019 open art stromeyersdorf konstanz
einzelausstellung im wasserturm
"new points of view oder gespräch der sinne"
"...den standpunkt ändern heißt in der malerei mit einer abstrakten bildidee zu arbeiten, dem entstehungsprozeß einen spielraum zu einer freien bildregie zu erlauben."
sabine hemming: über meine arbeitsprozesse

2019 motor world classics bodensee / classic cars, malerei von sabine hemming

2018 studienreise namibia
" in der natur der savanne ist es sehr hell. die schwarzen bäume und das graue gestrüpp stehen im kontrast zu hellem gras. plötzlich sind gnus, oryx, giraffen oder in der ferne elefanten auszumachen. in der dämmerung hebt ein lautes konzert an verschiedenen stimmen an. die dunkelheit der nacht ist unglaublich. umso heller strahlen unzählige sterne. es beschleicht mich wieder das gefühl ein winziger teil von etwas gewaltigem, einer großen vielfalt und veränderung zu sein. für diesen moment bleibt die zeit kurz stehen....irgendwo in afrika."
sabine hemming

"spuren im kopf"
malerei von sabine hemming
kopfskulptur von frank wackerbarth
aircraft slices- fahrwerkspuren von flugzeugen auf leinwand mit Malerei
"...setzen wir die betrachtung fort: nach einem langen flug landen sie, kämpfen noch mit dem jet lag, und wollen ihr abenteuer mit einem casinobesuch krönen. was erwartet sie? eine feierliche, ruhige und samtene atmosphäre wie in der belle epoque? nein! in " viva las vegas" von sabine hemming herrscht buntes lichtermeer, verzerrt durch sich drehende spielkugeln, laute musik, unterhaltungen hier und dort, geklingel, es wirken vielfache stressreize auf sie ein. in welcher farbe würden sie diese vielfachen reize wiedergeben? die künstlerin wählt rot. zunehmend, abschwellend. als ich das Bild sah, dachte ich sofort an eine tobende welt ohne regelwerk, voller süchte, voller enttäuschungen nur hin und wieder etwas glück....entwickelt sich nicht unser alltag auch aus einer flut von eindrücken auf die wir auf unterschiedlichste weise reagieren?"
auszug aus der laudatio von u. hinrichs zur Ausstellung


TEXTE / LAUDATIO
dr. c. bahmer, kunsthistorikerin, april 2020 im gespräch mit sabine hemming und ihrer kunst
Mit seinem Konzept der „Realisationen“ hat Paul Cézanne Natur und Kunst voneinander geschieden ohne das Band zwischen beiden Bereichen vollkommen zu zerschneiden: die Kunst wird geschaffen im Angesicht der Natur, doch nicht als deren Repräsentation, sondern vielmehr als Neuschöpfung mit eigener Gesetzlichkeit; sie entsteht nicht als deren Nachahmung, sondern als autonome, zu dieser parallele Welt, die doch nie ganz ihren Ursprung in der erlebten Wirklichkeit vergisst. Im gleichen Sinne spricht Sabine Hemming in einer ihrer Serien von „abstract waves“, von Wellen also, die nur im Bild als solche existieren und durch das Bild erlebbar werden, zugleich aber ihre Anmutung aus der Erinnerung an wirklich erfahrene „Wellen“ beziehen.
Sabine Hemming ist dem Bodensee und seiner Umgebung in ihrem Schaffen sichtbar verbunden: Linien, Strömungen, sich bildende und sich wieder auflösende Knotenpunkte durchziehen ihre Bilder, die ein Fließen, ein Werden und Vergehen offenbaren.
Das Thema der Veränderung in Zeit und Blickwinkel prägt ihr Schaffen seit jeher: Bereits im Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, welches Sabine Hemming 2001 bei Cordula Güdemann abschloss, stand die Frage des Betrachterstandpunktes und einer davon abhängigen Wahrnehmung der Wirklichkeit im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Die Welt bietet sich hier nicht als geschlossene Einheit dar: sie ist gefaltet, in Fragmente zergliedert, sie erscheint verfremdet in Farben- und Größenverhältnissen. Das Motiv des Wassers führt dieses Konzept konsequent weiter, es trägt Sabine Hemmings Auseinandersetzung mit der relativen Dauer von Seinszuständen und dem unaufhaltsamen Prozess der Veränderung aller Dinge in der Zeit.
Motivische Symbole wie Rennwagen oder Flugzeugspuren, die in ihren Arbeiten aufgetaucht sind, dienen hierbei nicht als Selbstzweck, sie unterstützen Sabine Hemmings Suche nach einer Verbindung zwischen Wirklichkeit und Wahrnehmung, zwischen dem, was augenscheinlich ist und dem, was wir damit verbinden – je nach persönlichem Blickwinkel. Strukturen des Übergangs, erzeugt durch frei verlaufende, sich vom gegenständlichen Motiv lösende Pinselstriche, werden zugleich begrenzt durch Gitter und Linien, die neue Konturen setzen; dem freien Fließen der Farbe steht ein Gerüst aus – wie Sabine Hemming es nennt – „Verbindungen und Knoten“ gegenüber, Nicht-Fassbares wird eingehegt durch Vernetzungen und findet hier einen neuen Rahmen, eine neue Ordnung, wird zur sichtbaren „Spur“ einer nur in der Zeit erfahrbaren Transformation.
Warum nun Bildtitel bzw. ein Titel ganzer Werkserien: „Horizonte“?
Wollte man den Begriff definieren, so läge es nahe, an die allereinfachste Erklärung zu denken: der Horizont als Linie, die den Himmel von der Erde abgrenzt; die Linie also als Scheidewand, als Definitionskriterium zweier Bereiche, die miteinander verbunden und doch klar voneinander geschieden sind. Im Bild verdanken Himmel und Erde ihre Wahrnehmbarkeit erst dieser Linie, sie ermöglicht deren Existenz als eigenständige Bereiche; die Linie selbst markiert die Grenze, sie definiert die Bildwahrnehmung als Ganzes. Nun können sich Horizonte verschieben – je nach Beschaffenheit der Umgebung und Höhe des Betrachterstandpunktes verlaufen sie unterschiedlich; die Anteile von Himmel und Erde schwanken, ihre Wahrnehmung unterliegt den individuellen Voraussetzungen ihres Betrachters. Diese Grenze kann somit zweierlei sein: zum einen Begrenzung, Beschränkung und Einengung auf den Bereich, der uns zugänglich erscheint, zum anderen Haltpunkt und Orientierungslinie in einer diffusen Umwelt, die erst definiert werden will, um begriffen zu werden.
Sabine Hemmings Bilder zeigen, dass diese Grenzen keineswegs unverrückbar sind: sie oszillieren gleichsam, markieren Haltpunkte innerhalb fluktuierender Farbstrukturen, lassen das Auge zur Ruhe kommen, bevor es sich auf die Reise zu weiteren Bereichen desselben Bildes machen kann. „Auf einmal windstill“( auch einer ihrer Serientitel) ist es dann, der Betrachter verweilt für einen Augenblick, dessen Dauer er selbst bestimmen mag, bei einem konzentrierten Farbfeld, in dem alle Linien aus dessen Umgebung zu einer ruhigen Einheit zusammenfinden; sie sind in ihrem Fließen noch immer klar erkennbar, doch nun beruhigt, gebändigt durch die Folie, die das Farbfeld ihnen auferlegt. Die Malerin hatte die Vorstellung einer glatten Wasseroberfläche inmitten eines aufgewühlten Sees, einer Spur von Stille inmitten einer geräuschvollen Umgebung, eines Augenblicks, in dem man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hört; das Ganze erscheint als plötzlich eintretendes Geschehen, als, wie Sabine Hemming sagt, „abrupter Abriss von Lärm“.
Wenn hier die Grenze genau markiert ist, soll der Betrachter eine solche in anderen Bildern erst finden. In ihren Arbeiten, die auch den Titel der Ausstellung tragen, bietet sich nicht mehr nur eine einzige Orientierungslinie dar: mehrere horizontal angelegte Linien, breite und schmale, allesamt geknickt oder geschwungen, durchziehen die Bildfläche und konkurrieren miteinander um die Aufmerksamkeit desjenigen, der dem Bild eine Ordnung zu geben versucht. Teils enden sie noch auf der Bildfläche selbst, teils sind sie gestisch unterbrochen, teils überschneiden sie einander und bilden neue figurative Elemente. Die Auflösung des gegebenen Horizontes entspricht der Aufforderung nach einer Suche des eigenen Horizontes.
„Wo ist die eigene Ideallinie?“, fragt Sabine Hemming und umreißt damit die Problematik, die ihr ganzes Schaffen und diese Ausstellung im Besonderen durchzieht: die individuelle Wahrnehmung als Ausgangspunkt der Deutung von Wirklichkeit im Bewusstsein der selbst gesteckten Grenzen und deren Überwindbarkeit. Plastisch sichtbar wird dieses Konzept nicht zuletzt in Sabine Hemmings neueren Wandobjekten, die die Titel „Horizonte Menschen“ und „Augen“ tragen. Die Figuren, die offenbar ihren Standpunkt im Bildganzen suchen, dienen als Identifikationsbrücken für den Betrachter; die spiegelnden Oberflächen der an „Augen“ erinnernden, zugespitzten Ovale, markieren verschiedene Blickwinkel und beziehen die äußere Wirklichkeit des Betrachters durch deren Spiegelung in ihre Bildwirklichkeit mit ein.
Selbstreflektiv spiegeln nicht zuletzt die kleinformatigen „Gitternetzbilder“ Sabine Hemmings Überlegungen zur eigenen Arbeit: gleichsam als skizzenhafte Formulierungen, die, wie die Künsterlin sagt, „den Kern des Interesses, des eigenen Alltags und der Erlebnisse in unserer Zeit widerspiegeln“. Sie bewegen sich zwischen Planung und malerischer Intuition; eine ihnen zugrunde liegende Vorstellung verbindet sich im Prozess ihrer Entstehung mit freien malerischen Entscheidungen, die für Sabine Hemming eine beim Malen gleichfalls bedeutsame emotionale Ebene zum Ausdruck bringen. Ein einstmals gesteckter Horizont verschiebt sich somit beständig, er bietet nur so lange Halt, wie dies von der Künstlerin und – danach – von den Betrachtern der Bilder gewünscht wird.
dr. c. bahmer, kunsthistorikerin, 2015 über struktur, bewegung, zeit- zu sabine hemmings arbeiten
Struktur, Bewegung, Zeit – die Bilder von Sabine Hemming haben einen Motor, der bei ihrem Anblick zu jedem Zeitpunkt spürbar wird. Die Dynamik, die sich in diesen Arbeiten entfaltet, kommt nicht von ungefähr, immer sucht Sabine Hemming Orte und Situationen auf, die durch sichtbare Veränderung geprägt sind. Ihre Bilder entstehen aus Prozessen und spiegeln solche wieder: oszillierende Wasseroberflächen, sich auftürmende Wellen, Eindrücke von vorbeigleitenden Landschaften im Flugzeug, Fahrwerkspuren auf dem Rollfeld, Gedankenstränge und Gedankensprünge. Es bleibt ein Bild, eine Spur. So ist Sabine Hemmings Malerei zu verstehen.
Am Anfang steht die körperliche Erfahrung, das reale Erleben, Reisen zu den Südseeinseln Hawaii, Oahu, Maui, Kawai und Lanai, Touren mit dem Flugzeug in den USA, Streifzüge am heimatlichen Bodensee. Zum Eindruck wird das flüchtige Erleben durch die Malerei, hier erhält es eine Form, hier verbinden sich Auge und Hand zum Zeichen, hier gerät die geographische Situation zur Gedankenlandschaft, zu einem Raum der Möglichkeiten.
Immer wieder Fragmente, Fundstücke, Fenster zu fremden Umgebungen und neuen Räumen, Rückblicke auf Vergangenes, Ausblicke auf Zukünftiges – Vor und Zurück auf gleicher Ebene, das Bild als Zeitfalte, als Kulminationspunkt inneren und äußeren Erlebens. Die künstlerische Arbeit als geformtes Treibholz, als Ergebnis einer Sichtbarmachung am vorgefundenen Material, als Hervorhebung formaler Grundzüge eines gegebenen Gegenstandes.
Die Arbeiten als künstlerische Reflexion: Abstraktion und Figuration verbinden sich auf der Bildfläche zur Vision einer neuen, aus der Malerei selbst kommenden Erfahrung. Die Malerei vermittelt eine Perspektive auf das, was reales Erleben kaum greifbar zu machen vermag: Felsformationen am Grand Cannyon, Fahrwerkspuren einer Boing 747, daneben Begegnungen mit Menschen als Erlebnisorte, graphische Strukturen als Kommunikationslinien und umgekehrt.
Sabine Hemming selbst sagt über ihre Arbeit: „Bewegung und Ruhe, Momente und Zeiträume, Erfahrung und Visionen. Das ist das Leben, das sind meine Bilder.“
c. trepulka, kunsthistoriker, germanist M.A., 2013 über die malerei und skulptur von sabine hemming
Sabine Hemming ist eine junge Künstlerin, die bereits früh mit ihrer Malerei zu einem eigenen Stil gefunden, eine Formensprache entwickelt hat, die Sie jederzeit erkennbar und unverwechselbar macht. Nach dem Akademiestudium begann sie unmittelbar mit der Weiterentwicklung ihres Themenkomplexes, vertiefte ihre Maltechnik, um zu ihrem eigenen, unverkennbaren Ausdruck zu finden.
Grundthemen und Motive in Ihren Arbeiten sind, wie es die Künstlerin auch selbst artikuliert, das Spannungsverhältnis zwischen Bewegung und Ruhe, die Darstellung bestimmt gewählter Momente und Zeiträume, das Einfließen eigener Erfahrung und Visionen. Sie lassen sich als Grundthema, als immer wiederkehrende Konstituenten fast aller Ihre Werke ausmachen. Darin verdichtet sich für Sabine Hemming das wirkliche, reale Leben, reflektiert in ihren Werken.
„Meine Arbeiten entstehen als Reaktion auf die sichtbare Welt und Erlebnisse aus dem Alltag. Dabei werden die Bilder und Situationen mit anderen Ideen aus der Phantasie verbunden. Die Farben und Größenverhältnisse werden neu gewählt. Im Vordergrund steht eine malerische Lösung des Motivs. Schnelllebigkeit und Bilderflut tragen dazu bei, dass ständig neue Blickwinkel entstehen. Daher spielt das Motiv der Bewegung, der Veränderung und der Zeit in meinen Arbeiten eine wichtige Rolle.“ (Sabine Hemming)
Ihre Motive findet sie in der Alltagswelt, scheinbar banale Gegenstände, wie etwa ein Rad, ein alter VW- Bus, ein Segel, eine Handtasche, ein Waldstück oder dergleichen, Gegenstände die aber während des Malaktes eine Transformation erfahren und zu Symbolträgern ihrer eigenen Formsprache avancieren.
„Wie im gewöhnlichen Alltag konnte ich aber auch auf vielen Reisen zahlreiche Inspirationen für meine Bilder mitnehmen. Besonders durch einen zweimonatigen Aufenthalt auf Hawaii, den Inseln Oahu, Maui, Kawai und Lanai, sind viele Bilder entstanden.“ (Sabine Hemming).
Hier nimmt sie weitere Dinge auf, von abstrakterer Natur. Zum Beispiel die Frage wie das Wasser in einer Strömung oder wenn sich eine Welle auftürmt klingt und wie können Gedanken und Kommunikation in Malerei umgesetzt werden? Wie werden diese Dinge verknüpft?
Anhand des eigenen, klar definierten Formenvokabulars lässt sich der Prozess der Bildwerdung anschaulich nachvollziehen. Ihre Bilder entstehen nicht nach langen Vorplanungen oder auf der Grundlage vieler Skizzen, sondern während des performativen Prozesses des Malens. Eine Grundidee wird direkt, scheinbar spontan, auf der Leinwand umgesetzt, wobei es durchaus während des Malens auch zu einer Veränderung der ursprünglichen Bildidee kommen kann. Das Bild an sich steht im Vordergrund in seiner Komposition etc., nicht der dargestellte Gegenstand, da er stets nur eine allegorische bzw. metaphorische Funktion repräsentiert. Diese verwendete Zeichensprache ermöglicht eine authentische Aussage der Künstlerin, die durch ihre gewählte Syntax verschlüsselt und zu entschlüsseln ist, somit gleichzeitig aber eine Ambivalenz der Aussage ermöglicht.
Die stete Verwendung bekannter Motive und Symbole lassen die Arbeitsweise rationalisiert, mechanisiert, seriell wirken, eröffnet aber die Möglichkeit, sich von tradierten Inhalten zu lösen d.h., ihre Reflexion, Reaktion auf die Welt zu formulieren. Es geht prinzipiell etwa um die Metapher eines Rades, um die Charakteristika eines Rades, z.B., Bewegung, Veränderung des Ortes, was war, wohin gelangen wir, wenn es sich dreht……
Das Rad als Symbol, Metapher der Schnelllebigkeit unserer Zeit wird als Bildelement genutzt. Dabei spielt eine realistische Darstellung keine Rolle. Hier liegt auch sicher die Affinität und der Anschluss an die Tendenzen der realistischen Malerei heute, der Leipziger Schule etc.
Das Motiv/ Symbol muss sich einer malerischen Lösung des Bildes unterwerfen d.h., es muss in der Komposition, der Farbgebung stimmig aufgehen. Daher spielen reale Größenverhältnisse, Perspektiven, Farben keine entscheidende Rolle.
Während des Malens ist es wichtig die Position zu verändern. Sabine Hemming wechselt oft die Perspektive zwischen Malposition vor der Leinwand und einem größeren Abstand. Von Weitem und von der Nähe. Dieses Verändern der Position nimmt den Gedanken der Bewegung auf – schon währen des Entstehen eines Bildes.
Die Fische und Objekte entstehen aus Fundstücken und aus Treibhölzern vom Bodensee. Die Hölzer wurden alle am Fährenhorn und am Riedstrand der Insel Reichenau gesammelt. Durch reduzierte Bearbeitung und farbliche Gestaltung bleibt der abstrakte Charakter der Fundobjekte und die natürliche Fischform der Hölzer erhalten.